610 Xxv. §. 9. Deutschlands Elend, Schmach und Knechtschaft.
zelner Reichsstände für die Gewährung etlicher leerer Formalitäten
bewilligte. Der Kaiser konnte also weder über Geld noch über die
Soldaten des Reichs verfügen. Jeder Landesherr, und wäre es auch
ein noch so kleiner Abt oder Graf gewesen, mußte erst um seine
Zustimmung gefragt werden, wenn er auch nur einen einzelnen Sol-
daten oder ein paar Gulden für Reichszwecke hergeben sollte. Solche
Zustimmung aber erfolgte fast niemals, oder wenn sie erfolgte, so doch
nicht einstimmig und nicht aufrichtig und wirksam. Die deutsche
Reichsarmee, buntscheckig wie eine Narrenjacke, großentheils aus
zusammengelaufenem, nicht im mindesten eingeübtem Gesindel, wohl
gar aus Zuchthäuslern bestehend, unverpflegt, von keinerlei gemein-
samem Interesse beseelt, in sich selbst zerrissen, feindselig, mißtrauisch
wie die Landesherren selber, war schon zum Sprichwort geworden für
Jung und Alt. Mit der Finanzwirthschaft stand es so schlecht,
daß, als endlich einmal etliche tausend Gulden bewilligt waren, um
ein neues Justizgebäude für das Reichskammergericht aufzuführen, nach
vierzehn Jahren erst etliche kleinere Staaten angefangen hatten, etliche
hundert Gulden einzuzahlen. Nicht minder sprichwörtlich war das R e i ch s-
kammergericht zu Wetzlar selber geworden, ein Gericht, welches
alle Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Reichsstanden oder zwi-
schen den Fürsten und ihren Unterthanen entscheiden sollte, und wel-
ches in seinem Schlendrian 63,000 Processe ruhig hatte liegen und
in Vergessenheit begraben^, lassen, überhaupt nur mit solchen Pro-
cessen sich beschäftigte, wo die Parteien sehr drängten und viel Geld
gaben. Und auch dann wurde gewöhnlich das Urtheil erst fertig,
wenn Kläger und Verklagte sammt ihren Erben gestorben waren und
Niemand mehr ein Urtheil haben wollte. Denn Niemand führte
die Aufsicht, und wenn ja einmal durch den Reichstag eine Unter-
suchung angestellt wurde, so schlug man wohl die Hände zusammen
über die Masse von Bestechungen, Unterschleifen, Nichtswürdigkeiten und
Ungerechtigkeiten, aber anders wurde es darum doch nicht. Die grö-
ßeren Fürsten bekümmerten sich überhaupt nicht mehr um das Reichs-
kammergericht, hatten auch zum Theil das Recht, daß ihre Untertha-
nen sich an kein fremdes Gericht mehr wenden durften. Wer sich
selbst mächtig genug fühlte, that längst, als ob kein deutsches Reich
mehr eristirte. Der Reichstag endlich, der seit 1663 Jahr aus,
Jahr ein in Regensburg versammelt war, hatte nichts zu thun. Was
die größeren Fürsten unter einander zu verhandeln hatten, daö mach-
ten sie persönlich oder schriftlich ab, ihre Gesandten in Regensburg
erfuhren von wichtigen Dingen nichts mehr. Um nun doch sich ir-
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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488 Xxiii, §. 4. Fortschritt der Reformation während politischer Kämpfe.
Weise von Sachsen, jener stille Fürst, der längere Zeit die Geschicke
Deutschlands bestimmte, auch er nahm das Glaubenswort Luther's mit
offenem, warmem, gläubigem Gemüthe auf. Er hätte ihm kein
Leid thun lassen. Da Luther als ein Geächteter von Worms zurück-
kehrte, sorgte Friedrich, daß er in einer sichern Zufluchtsstätte auf
der Wartburg den Händen seiner Widersacher unerreichbar blieb.
8- 4. Fortschritt der Reformation während politischer
Kämpfe.
Die schweren Bedrohungen des Wormser Edicts erwiesen sich
bald genug als nichtig, als unausführbar. So lange der kaiserliche
Hof sich noch zu Brüssel in der Nähe aufhielt, war man in Deutsch-
land noch still und hielt an sich. Kaum aber hatte er im folgenden
Jahre sich nach Spanien begeben, wo er dann fast neun Jahr zu-
brachte, so regten sich in den deutschen Herzen alle die kräftigen An-
triebe auf's, Neue, welche Luther's Sache zur nationalen, zur Sache
des gesummten deutschen Volkes machten. Luther's Lehren erschol-
len in allen Städten, von den Kanzeln, in den Schulen, auf den
Rathhäusern, aus freiem Felde, aus offener Straße, Luther's Schrif-
ten, Luther's Bibelübersetzung, die er auf der Wartburg begonnen
hatte und stückweis den Leuten in die Hände gab, Luther's Lieder
sah man in Jedermanns Händen. Mönche verließen ihre Klöster,
Priester verheiratheten sich, selbst ein Bischof erklärte sich schon offen
für die lutherische Wahrheit. Fast durfte man hoffen, daß Papst
Adrian Vi. (1522—23), L eo's Nachfolger, ebenfalls der Wahrheit
die Ehre geben werde; wenigstens sprach er es offen aus, daß die
Kirche krank sei an Haupt und Gliedern und nothwendig einer Re-
formation bedürfe. Die Mehrzahl der deutschen Fürsten standen gleich-
falls auf Luther's Seite. Sie waren in den Jahren 1522 und 23
in Nürnberg versammelt, um ein ständiges, echt deutsches, fürstliches
Reichsregiment aufzurichten, während der Kaiser abwesend war. Das
Reichsregiment entschied, daß das Wormser Edict nicht ausgeführt
werden solle, daß die religiösen Irrungen nur durch ein freies allge-
meines Concilium beizulegen seien, und daß inzwischen das Evange-
lium lauter und nach christlichem Verständniß gepredigt werden solle.
Bei diesem Beschluß hatte es auch nach dem Sturz des Reichsregi-
ments i. I. 1524 sein Bewenden, ja es wurde einhellig beschlossen,
noch in demselben Jahre eine besondere Versammlung (ein National-
concilium) zu halten, in welchem man, was in kirchlichen Sachen zur
Erhaltung der deutschen Einheit nöthig sei, festsetzen wolle. War das
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Adrian_Vi
Xxiv. §. 4. Philipp Ii. und die Niederlande.
5:53
Karl V., eigentlich nur noch den Titel als Oberherr; die Local-
gewalten hatten die Regierung vollständig in Händen. Und waren denn
nicht die Niederlande noch immer ein Theil des deutschen Reichs? Ge-
hörten nicht sämmtliche Provinzen außer Flandern und Artois zum
deutschen Reichsverbande? Ganz gegen Recht und Ordnung hatte
Karl V. versucht, sie dem deutschen Reiche zu entfremden, und Phi-
lipp Ii. suchte völlig jedes Band zu sprengen, welches die Niederlän-
der noch mit ihren deutschen Stammgenossen zusammenhielt. Verge-
bens beriefen sich die Provinzen auf den Kaiser, auf den passauer
Vertrag, auf den Religionsfrieden von Augsburg. Vergebens nah-
men sie für sich die gleichen Rechte in Anspruch, welche alle deutschen
Reichsfürsten und Freistädte, und welche sie selber seit uralten Zeiten
besessen hatten, nämlich ihre inneren Angelegenheiten selber zu ordnen,
die Steuern für den König selber zu bewilligen, alle fremden (spani-
schen) Beamten und Truppen von sich abzuweisen. Mit der rücksichts-
losesten Verletzung aller beschworenen Verträge, aller verbrieften Rechte,
aller alten und neuen Eide wurden sie gemißhandelt. Durch Abgaben,
welche die Blüthe ihres Handels knickten und das reiche Land verar-
men ließen, durch spanische Besatzungen, welche von ihren eignen Of-
ficieren nicht im Zaum gehalten wurden, in ihrem Uebermuth Städte
plünderten und halb Antwerpen niederbrannten, wurde die Entrüstung
bis auf's Aeußerste getrieben, die Nothivendigkeit einer Aenderung in
den obersten Kreisen der Regierung allgemein festgestellt. Nicht das
religiöse Interesse war es, sondern das allgemein vaterländische,
welches katholische und protestantische Provinzen zu jener Vereinbarung
in Gent getrieben hatte. Durch sie hatte sich bereits das ganze Land
von Spanien so gut wie losgesagt, obwohl sie Philipp Ii. noch die
Ehren und den Titel, den er als Herzog von Burgund unter ihnen
führte, lassen wollten. Da war es denn kein großer Schritt mehr, als
sich im Jahre 1581 die nördlichen Provinzen, das jetzige Holland,
von Philipp Ii. völlig lossagten, und nur noch den deutschen Kaiser
als ihren alleinigen rechtmäßigen Oberherrn anerkennen wollten. Dieser
Schritt war herbeigeführt theils durch Philipp's Ablehnung einer
jeden billigen Uebereinkunft, obgleich selbst der deutsche Kaiser dazu die
Hand bot und den Holländern gerecht zu werden wünschte, theils durch den
neu ausbrechenden katholischen Eifer in den südlichen, zunächst den wallo-
nischen Provinzen. Dort war der Adel und die Masse des Volks am
wenigsten der Reformation zugänglich gewesen, hatte sich deshalb
auch am ehesten die katholischen Gewaltmaßregeln Alba's und seiner
Nachfolger gefallen lassen. Die Jesuiten hatten sie gern unter sich
ausgenommen. Von ihrem Collegium zu Douay aus gelang es die-
sen bald, die wallonischen Provinzen wieder höchst katholisch zu machen.
Und hätten sie nun das drohende Umsichgreifen des holländischen Pro-
testantismus ruhig dulden sollen? Ohnehin war ihnen die Uebermacht,
welche die protestantischen, nördlichen Provinzen erlangt hatten, höch-
lich verhaßt. Neue Ausbrüche der Bilderstürmerei und sonstige Aus-
schweifungen protestantischen Gesindels in Gent und anderen Orten trie-
den sie völlig wieder auf Seiten der Spanier. So begann die Treu-
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
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Extrahierte Personennamen: Philipp_Ii Philipp Karl_V. Karl_V. Karl_V. Karl_V. Philipp_Ii Philipp Philipp_Ii Philipp
Extrahierte Ortsnamen: Niederlande Augsburg Spanien Burgund Holland Gent
Xxv. §. 9. Deutschlands Elend, Schmach und Knechtschaft. 615
die im Frieden zu Basel so ausdrücklich betont worden war, wurde
1803 durch Napoleon auf's Schmählichste verletzt. Er hatte den Krieg mit
England erneuert und nahm (wie schon S. 603 erzählt ist) ohne Weite-
res Hannover weg. Jetzt wenigstens hätte der König von Preu-
ßen eingreifen sollen. Er that es nicht. Oestreich, welches sich zu neuem
Kampf gegen den Unersättlichen 1805 mit England verband, Ruß-
land, welches dem Bündniß beitrat, drangen auf's Neue in ihn, jetzt,
da der letzte Augenblick vorhanden sei, auszustehen mit seinem Volk
und sich den Verbündeten anzuschließen. Er that es nicht, er wollte
auch jetzt noch neutral bleiben, ja er setzte sich gegen Rußland in
wehrhafte Verfassung, als Rußland Miene machte, durch Preußen nach
Hannover zu ziehen. Napoleon, in übermüthiger Verhöhnung der-
preußischen Unklugheit und Schwäche, glaubte jetzt vollends die Maske
abnehmen zu können. Um den Oestreichern, die in Bayern und Würt-
temberg standen, von der Seite und in den Rücken zu kommen, ließ er seine
Truppen aus Hannover querdurch preußisches Gebiet nach Bayern ziehen.
Er erreichte dadurch wirklich seinen Zweck, sprengte das östreichische
Heer unter seinem verwirrten Anführer Mack völlig auseinander, und
stand im Umsehen mit seiner ganzen Macht vor Wien. Nun jetzt,
jetzt also wird sich Preußen ausmachen. Der vollgültigste Grund zum
Kriege ist vorhanden, ja es kann und darf nicht anders, wenn es sich
nicht stillschweigend aus der Reihe der großen europäischen Mächte
will ausstreichen lassen. Das ganze Volk, vor Allem die Armee ruft
laut nach Krieg wider den allgemeinen Verderber, die Prinzen des
königlichen Hauses, die hochherzige Königin an der Spitze, wünschen
Nichts sehnlicher, als für Deutschland und Oestreich in den Riß zu
treten, und wirklich, der König giebt nach, er schickt einen Abgeordne-
ten in's kaiserliche Hauptquartier, der Genugthuung fordern oder den
Krieg erklären soll. Aber dieser Abgeordnete war selber ein heim-
licher Franzosenfreund, ein schwacher, leicht einzuschüchternder Mann.
Napoleon läßt ihn warten, bis er seine große Dreikaiserschlacht bei
Austerlitz gewonnen (2. December 1805) und Kaiser Franz zum
Frieden sich neigt, dann dringt er ihm ein neues Bündniß auf, und
da der Gesandte zurückkommt, sieht Preußen, das eben im Begriff war,
gegen Frankreich zu marschiren, sich plötzlich wieder in einen Freund
und Bundesgenossen Frankreichs verwandelt, ja es muß sich herbei-
lassen, das schmachvoll geraubte Hannover als ein Geschenk von
Frankreich anzunehmen.
Damit war aber Preußens Unheil gesprochen. Es hatte sich geistig
selbervernichtet. Sofort trat das Gericht auch äußerlich in die Erscheinung.
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Oestreich Napoleon Napoleon Franz Franz
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Basel England England Hannover Bayern Hannover Bayern Wien Deutschland Frankreich Frankreichs Frankreich
()34 Xxv. §. Jo. Deutschlands sittliche und politische Wiedergeburt.
nachgab, auf den Besitz des ganzen Königreichs Sachsen, das ihm
versprochen war, verzichtete, sich mit der Hälfte und mit einigen Gebiets-
erweiterungen in Westphalen und am Rhein begnügte, auch den Besitz
des sogenannten Herzogthums Warschau Rußland überließ und nur
Posen behielt. Nicht minder widerlich war die Einmischung der
Engländer. Um alle die besten holländischen Colonieen, die sie im
Lauf der französischen Kriege erobert hatten, jetzt behalten zu können,
brachten sie es dahin, daß ein altes deutsches Reichsland, niederländisch
Burgund oder Belgien, zuletzt den Oestreichern gehörig, an Holland
abgetreten und ein neues Königreich der vereinigten Niederlande gestif-
tet wurde. Was sollen wir weiter aufzählen alle die Beweise von
Nichtachtung, die unserm Vaterland noch immer von den Fremden zu
Theil wurden, und von der Uneinigkeit der deutschen Staaten unter ein-
ander. Zur Wiederherstellung eines deutschen Reiches konnte es unter
solchen Umständen nicht kommen. Es konnte nur ein deutscher Buud
aufgerichtet werden, ein Bund von sechsunddreißig souveränen Staaten,
von den europäischen Großmächten Oestreieh und Preußen an bis zu
den kleinen Fürsten von Lippe, Waldeck, Reuß, Liechtenstein und zu den
vier freien Städten hinunter. Daß alle diese an Macht und Größe so
verschiedenen Staaten gleich viel gelten, daß sie zu jedem wichtigen
Beschluß Stimmeneinhelligkeit erzielen, daß sie ohne Bundesgericht,
ohne Vollziehungsbehörde nur auf allseitigen guten Willen gewiesen
sein sollten, das mußte sich bald genug als unerträgliche Hemmung
jeder inner» Weiterbildung erweisen. Jndeß es blieb dabei, und am
5. Noveinber 1816 trat der Bundestag in Frankfurt zusammen.
Gestehen wir es also, die politischen Früchte des großen Sieges waren
keineswegs den Wünschen und Hoffnungen der Vaterlandsfreunde ent-
sprechend, und auch die sittliche Erhebung schien unter den eifersüchti-
gen Fürsten schon wieder zu schwinden. Jndeß es schien doch nur so.
Durch die unvermuthete Rückkehr Napoleon's von Elba, durch die
erneute gemeinsame Kriegesarbeit wurde die Nothwendigkeit des engen
Zusammenhaltens, die Unsicherheit des irdischen Friedens und Besitz-
thums, die Gefahr der Entzweiung auf's Neue den verbündeten Für-
sten nachdrücklich vor die Augen gestellt. Da traten am 26. September
1815 die drei Monarchen von Rußland*), Preußen und Oestreich zu
der sogenannten heiligen Allianz zusammen, zu dem heiligen
Bunde, in welchem sich jeder verpstichtete, seine Regierung nach christ-
lichen Grundsätzen in Liebe, Gerechtigkeit und Frieden führen zu wollen.
Man sollte meinen, dazu sei jeder Monarch ohnehin verpflichtet, und
so ist es auch. Aber in der Zeit gänzlicher Verdunkelung des Gottes-
worteö, gänzlicher Glaubenslosigkeit und Glaubensspötterei war es für
lächerlich gehalten, in der Politik aus die Vorschriften des Evangeliums
*) Urheber des Bundes war Alexander von Rußland: er war während der
Befreiungskriege religiös angeregt worden durch die Frau von Krüden er.
Ps. 91 war sein Lieblingspsalm. Des preußischen Königs Licblingöspruch:
meine Zeit in Unruhe, meine Hoffnung in Gott.
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Extrahierte Personennamen: Oestreich Alexander_von_Rußland Alexander Königs_Licblingöspruch
642
Xxv. §. 11. Entwicklung neuer Gegensätze.
rung Wiens, ja Oestreichs, in den Händen bartloser Studenten
und Zeitungsschreiber; Staatskanzler Metternich ward vertrieben,
Kaiser Ferdinand zur Flucht genöthigt, eine Nationalversammlung
aufgerichtet, das ganze Kaiserreich bis in seine Grundfesten erschüttert.
Und nicht viel besser ging es in jenen schimpflichen Märztagen des
Jahres 1848 in Berlin. Auch dort, wie in allen Städten Deutsch-
lands die verabredeten Forderungen: Preßfreiheit, Volksvertretung,
Vereinsrecht, mündliches Gerichtsverfahren, Bürgerwehr u. s. w. Der
König, der schon ein Jahr vorher die landständische Verfassung zum
Abschluß gebracht hatte und einer freien Verfassung nicht abgeneigt
war, gewährte fast Alles, was gewünscht wurde. Aber um die Ge-
währung der Forderungen war es ja der nichtswürdigen Rotte nicht
zu thun, sondern um Tumult, Aufruhr, Barricadenkämpfe, Minister-
wechsel,- Nationalversammlung, Zeughausplünderung, Pöbelherrschaft,
wie das alles denn auch in Berlin bis zum November 1848 reichlich
zu sehen war. Die dritte deutsche Stadt, welche zum Hauptheerd
der tollen Deutschthümlerei ausersehen war, war die Bundesstadt
Frankfurt. Dort war die Bundesversammlung schnell beseitigt, und
an ihrer Stelle tagte das Reichsparlament mit dem Erzherzog Jo-
hann als Reichsverweser an der Spitze. Viele ehrenwerthe Männer
waren da zusammen gekommen, die wirklich das Beste Deutschlands
suchten, und Preußen an die Spitze eines einigen eng verbundenen
Deutschlands, nicht mehr eines Staatenbundes, sondern eines Bun-
desstaates stellen wollten. Aber sie gingen dabei nicht die Wege des
Rechts und der Gerechtigkeit. Auf dem gewaltsamen und unordentlichen
Verfahren konnte der Segen Gottes nicht ruhen. Die republikanische
Partei in der Versammlung, längere Zeit grollend zurückgedrängt,
brach immer offener hervor. Straßenkampf und schändlicher Meuchel-
mord in Frankfurt, blutiger Barricadenkampf in Dresden (Mai 1849)
und in mehreren preußischen Städten, offene Empörung der Pfalz
und Badens, wo nach dem Abfall des Militärs der Großherzog ver-
trieben ward, Einsetzung einer provisorischen Centralregierung in Stutt-
gart, nachdem der republikanische Rest des Parlaments Frankfurt
hatte verlassen müssen, — das waren die weiteren Maßnahmen und
Erfolge der Freiheitshelden und Wühler. Aber es nabm Alles ein
klägliches Ende. Wien war schon Ende October 1848 wieder in
den Händen der kaiserlichen Truppen und die Lombardei mit Ve-
nedig durch das Schwert des tapfern Radetzky den Empörern und
ihrem Werkzeug, dem Piemontesenkönig Karl Albert wieder entris-
sen. Berlin war im November 1848 durch die entschlossenen Mi-
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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TM Hauptwörter (200): [T67: [Preußen Bund Staat König Regierung Deutschland Verfassung Frankfurt Reichstag Bundestag], T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat]]
Extrahierte Personennamen: Metternich Ferdinand Ferdinand Radetzky Karl_Albert Karl
Extrahierte Ortsnamen: Wiens Berlin Berlin Deutschlands Deutschlands Meuchel- Frankfurt Dresden Badens Stutt- Berlin
X. §. 3. Sitte und Religion der Griechen, 119
das Alles bildete ein hochgkprü'senrs Gemeingut aller Griechen, wel-
ches der Vater mit Stolz auf seine Kinder vererbte, und bei dessen
Erwähnung jeder Grieche sich gehoben fühlte; denn es waren seine
Vater, die solche Thaten gethan, und seine Sänger, die solche Lieder
gedichtet. 2) Die festlichen Vereinigungen bei den heiligen Festspielen
(besonders den olympischen, pvthischen, nemeischen, isthmischen Spielen),
welche alle vier oder alle zwei Jahre gefeiert wurden und alle Grie-
chenvölker zu den Wettkämpfen herbeilockten, wo „Viele in den Schran-
ken laufen, aber Einer erlangt das Kleinod" (I Cor. 9, 21). Hier
fühlten sich die Kämpfer und Zuschauer aus ganz Griechenland und
aus den Colonieen als eine große Einheit, und keinem Nichtgriechen
war es verstattet, an diesen Festspielen Theil zu nehmen. 3) Die an
diese religiöse Gemeinschaft sich anschließenden Verbindungen und Bünd-
nisse der einzelnen Staaten unter einander, indem etwa zwölf oder mehr
Stamme oder Städte zusammentraten und einen Bundesrath wählten,
durch welchen die gemeinschaftlichen Angelegenheiten geleitet und etwaige
Streitigkeiten geschlichtet wurden. Der bedeutendste und umfassendste
Bundesrath war der Amphiktyonenrath zu Delphi, dem sich allmälig
alle Stämme anschlossen, aber nicht zur Berathung und Beschluß-
fassung über auswärtige politische Angelegenheiten, sondern nur über
innere, namentlich religiöse Verhältnisse. Delphi mit seinem hoch-
berühmren Apolloorakel und mit seiner klugen und verehrten Priester-
schaft konnte im Laufe der Zeit als der religiöse Mittel-und Einigungs-
punkt Griechenlands gelten. Wo aber zum Schuh oder Angriff nach
außen hin Waffen- und Bundesgenossenschaften aufgerichtet wurden, da
trat gewöhnlich ein einzelner Stamm, Stadt oder Staat an die Spitze
der Verbindung und erlangte die Hegemonie, die Führerschaft, durch
welche die Einheit wesentlich gefördert wurde. Endlich 4) die Volks-
religion, welche, von den einfachen Anschauungen der Pelasger aus-
gehend, sich allmalig zu einem höchst phantasiereichen Sagenkreise mit
mannigfaltigen Cultusformen ausgebildet hatte, dehnbar genug, um
die tiefsten philosophischen Begriffe in sich aufzunehmen, und zugleich
dem gewöhnlichen Verstandniß des gemeinen Mannes eine reiche Aus-
wahl von Schutzgottheiten und Götterscenen darbietend, die dem leicht
beweglichen Geist willkommene religiöse Haltpunkte gewährten.
Wie das Land und Volk der Griechen ein Land und Volk der Schönheit
war, so war auch ihre Religion eine Religion der Schönheit. Alles,
waö sich ihnen Schönes, Lockendes, Anmuthiges, Erhabenes darstellte,
verwandelte sich ihnen in eine Göttergeftalt. Die schöne männliche
und weibliche Leibesbildung, die Majestät, die Kraft, die künstlerische
Fertigkeit, die Liebe, die Ehe, die Jugend, die Weisheit, die Dichtkunst
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T2: [Athen Stadt Sparta Griechenland Insel Krieg Korinth Peloponnes Theben Staat], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung]]
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